Aus den Analysen des Energiegipfels muss Wirtschaftsund Energieminister Hubert Aiwanger nun Gesetzesvorlagen für einen ambitionierten Klimaschutz ableiten. Dies fordern die Bayerische Architektenkammer, das Bündnis Bürgerenergie in Bayern e.V., der Landesverband Bayern für Erneuerbare Energien und der BUND Naturschutz in Bayern, e.V., für den Abschlussbericht am 30. September.
„Klimaschutz muss das verbindliche Ziel bayerischer Energiepolitik werden. Energiepolitik darf sich nicht nur, wie bislang, vorrangig auf Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit fokussieren. Wir fordern verbindliche Ziele, Vorgaben und Maßnahmen für Klimaschutz in Bayern. Wir Verbände sind gerne der Einladung von Staatsminister Hubert Aiwanger ins Ministerium zum Energiegipfel gefolgt. Wir erwarten nun, dass aus den fachlichen Analysen und Diskussion auch verbindliche Konsequenzen gezogen werden. Wir fordern das Ministerium auf, Vorlagen für Gesetzesänderungen und neue Gesetze vorzulegen, um Klimaschutz in Bayern so umzusetzen, dass Bayern seinen Beitrag zu den Klimaverträgen von Paris 2015 auch tatsächlich leisten kann.
Klimaschutz erfordert die Reduktion unserer Emissionen, um Klimaneutralität bis spätestens 2040 zu erreichen. Ziel muss eine Halbierung unserer Energieverbräuche und der Umbau auf 100 Prozent Erneuerbaren Energien sein“, so Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V., Prof. Clemens Richarz, im Vorstand der Bayerischen Architektenkammer, Markus Käser, Vorsitzender des Bündnis Bürgerenergie e.V., und Raimund Kamm, Vorsitzender des Landesverbands Bayern für Erneuerbare Energien. „Wir fordern ein wirksames Klimaschutzgesetz, das für Bayern das 1,5 °C Ziel der Pariser Klimaschutzverträge von 2015 anstrebt. Die Halbierung der Energieverbräuche benötigt klare rechtliche Vorgaben und politische Führung. Energiesparen benötigt v.a. aber auch Motivation, Beratung und Wissensvermittlung. Wir haben hierzu bereits in 2018 eine Landesagentur für Klimaschutz und Energiewende in Bayern vorgeschlagen. 100 Prozent Erneuerbare Energie sind machbar – das erfordert einen Ausbau von Wind- und Sonnenstrom um mehr als das Fünffache in Bayern bis 2040 – wir schätzen die notwendige installierte elektrische Leistung bei ca. 50 Gigawatt Fotovoltaik und ca. 20 Gigawatt Windenergie. Auf dem Weg dorthin muss die Staatsregierung verbindliche Zwischenziele festschreiben,“ so Mergner. „Das erfordert natürlich auch Änderungen der Gesetzeslage. Für Windenergie beispielsweise muss die „10 H Abstandsregelung“ in Artikel 83 der Bayerischen Bauordnung gestrichen und durch eine verbindliche Regionalplanung ersetzt werden!“ „Die Bayerische Architektenkammer hat für sich beschlossen in ihrem Verwaltungssitz Klima-neutral zu werden. Das ist ein umfangreiches Vorhaben. Dies umfasst Rohstoffe, Gebäude, Betriebsmittel, Entsorgung. Dies erfordert eine breite Erarbeitung von seriösen und soliden Daten, denn wir wollen eine ehrliche Bewertung. Gebäude sind unsere Kernkompetenz, wir wollen hier mit gutem Beispiel vorangehen und auch anderen Wege für die Zukunft aufzeigen. Unser Vorhaben soll auch Abläufe und Infrastruktur umfassen, wie beispielsweise unsere Verkehrsmittel“ so Richarz. „Wir wollen hier viel Arbeit investieren – in Daten, Bewertungssysteme, aber auch Materialien. Wir erhoffen uns natürlich, dass Ministerien, Ämter und Unternehmen unsere Vorarbeiten aufgreifen und unseren Vorschlägen folgen werden.“ "Die Branchen der Erneuerbaren Energien – also Bioenergie, Geothermie, Solar, Wasser- und Windkraft - sehen die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C oder allerhöchstens 2 °C als Existenzfrage der Menschheit. Bayern muss hierfür seinen Beitrag leisten. Dafür soll es seine Energieversorgung auf 100 Prozent klimaneutrale Erneuerbaren Energien umstellen. Von der Natur mit viel Wasserkraft, Licht und auch Geothermie, Biomasse und Wind beschenkt, kann Bayern als erstes seine Stromversorgung bis 2030 auf Erneuerbaren Energien umstellen,“ fordert Kamm. „Neue große Fotovoltaik- und Windkraftanlagen können in Bayern den Strom für 5 bis 6,5 Cent je Kilowattstunde liefern. Dank weiterer technischer Fortschritte werden diese Preise noch sinken. Parallel zum Umbau der Stromversorgung können auch die drei anderen Bereiche Verkehr, Wärme und industrielle Prozesse, wie Herstellung von Ammoniak, Chlor, Stahl oder Zement, mit Erneuerbaren Energien annähernd klimaneutral gemacht werden“. "Nun hat der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Gelegenheit zu zeigen, dass er sich tatsächlich mehr für bayerische Bürger-Energieunternehmen interessiert, als für die russische Gazprom oder die OPEC-Länder. Derzeit kauft jeder Bürger und jede Bürgerin pro Kopf im Jahr für rund 1000 Euro fossile Energien aus dem Ausland ein. Diese rund 12 Milliarden Euro jährlich, die ca. 20 Prozent des bayerischen Staatshaushaltes entsprechen, könnten wir in Bayern besser für die Energiewende verwenden, anstatt sie nach Russland, Norwegen oder Saudi-Arabien zu überweisen! Die Energiewende in Bayern kann die bayerische Wirtschaft unabhängiger und stärker machen. Bislang hat Bayern seine Ausbauziele für Erneuerbaren Energien dramatisch verfehlt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass seit 2007 die Kohlendioxid-Emissionen in Bayern nicht wirklich gesenkt wurden. Dass wir in diesem Zusammenhang nun mit Erdgas die Atomkraft ersetzen wollen, nennt man wohl „den Teufel mit dem Beelzebub austreiben“!" kritisiert Käser.
Der BUND Naturschutz kritisiert massiv, dass die Diskussionen und Analysen im Wirtschaftsministerium in den Arbeitsgruppen des Energiegipfels immer wieder nur im Rahmen der bestehenden Gesetzeslage und im Bereich der niedrigsten Kosten zugelassen wurden. Klimaschutz erfordert aus Sicht des BUND Naturschutz echte Änderungen in Bayern. Diese müssen auf demokratische Weg mit Änderungen der bestehenden Gesetzeslage angepackt werden. Klimaschäden-Folgekosten sind in Zukunft deutlich höher, als die Kosten heute für die Energiewende. Die notwendigen Ausgaben für die Energiewende sind vor allem Investitionen lokal und regional in Bayern und damit direkte Förderung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen in Bayern. Eine Politik nur der schnellen Erfolge wird aus Sicht des BUND Naturschutz eine Sackgasse sein, denn Klimaschutz erfordert Klimaneutralität, und damit einen langfristigen großangelegten Umbau. Bayern benötigt daher eine nachhaltige Politik des Klimaschutzes, die auch komplexe Aufgaben anpackt. Wesentliche Akteure dieses Umbaus werden neben den Bürgern und Bürgerinnen selbst die Kommunen sein müssen – und der Staat muss diese hierbei politisch und finanziell unterstützen. - Kohlendioxid-Besteuerung in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Die Bayerische Staatsregierung muss sich im Bund für eine Kohlendioxid-Besteuerung in den Bereichen Gebäude und Verkehr einsetzen. Die Einführung eines Emissions-Zertifikate-Handels für Gebäude und Verkehr ist der falsche Weg. Für den Klimaschutz braucht es schnell einen von Beginn an ausreichend hohen Kohlendioxid-Preis. Das kann nur über eine Reform innerhalb des Steuer- und Abgabensystems gelingen, die sich am Ziel Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen orientiert, mit einer Anpassung der Kohlendioxid-Steuer in den Sektoren Wärme und Verkehr. - Schneller Umstieg auf Elektromobilität.
Die Bayerische Staatsregierung muss sich im Bund und in Bayern für eine schnelle Umsteuerung des Verkehrs auf Elektromobilität stark machen. Voraussetzung ist hierbei (1) die Umgestaltung der Landesentwicklungsplanung, denn die Wege von Wohnen und Arbeiten müssen kürzer werden. Und (2) die Umschichtung des individuellen Personen- und Waren-Verkehrs auf Öffentliche Verkehrsmittel wie Bahnen, Busse und Straßenbahnen, hierzu müssen Gelder aus dem Straßenbau substantiell umgelagert werden. Und (3) lokal Radfahrer und Fußgänger fördern. Elektrische Antriebe sind per se Energie-effizienter als Verbrennungsmotoren und benötigen im Vergleich um den Faktor vier weniger Energie. Die Umstellung auf Elektromobilität muss schnell und klar strukturiert erfolgen. Die oft geforderte Vielfalt und diverse Zwischenlösungen, wie zum Beispiel synthetische Treibstoffe, sind Energie-aufwändig und passen nicht zum Klimaschutz. - Energieverbrauch senken. Klimaschutz im Gebäudebereich muss vom Endziel her geplant werden: Klimaneutralität. Hauptaufgabe ist den Energieverbrauch zu senken, so dass der Rest an Energie mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien abgedeckt werden kann. Energiesparen erfordert gute Planung, strukturelle Optimierungen und letztlich Dämmen. Holz ist hierbei ein wertvoller Rohstoff, der am Klima-verträglichsten als Baustoff und als Dämmstoff eingesetzt werden soll. Nur in einem Haus mit geringem Energieverbrauch ist eine Holzheizung eine Klima-verträgliche Lösung. - Erneuerbare Energien massiv ausbauen. Wir müssen unseren Energieverbrauch halbieren. Der Rest muss zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen. Nur ein Fünftel des Endenergieverbrauchs in Bayern stammt heute aus Erneuerbaren Energien. Die Bayerische Staatsregierung muss verbindliche Zahlen vorlegen, wie bis 2040 die Nutzung von Erneuerbaren Energien verfünffacht wird. Grundlage der Energiegewinnung muss vorrangig Fotovoltaik und Windenergie sein. Eine neue Regionalplanung muss rechtskräftig den Ausbau von Windenergie, Fotovoltaik und Biomasse steuern.
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